Aussicht auf die Berge im Seoraksan Nationalpark

Alles, was du zum Seoraksan Nationalpark wissen musst

Südkorea ist stolzer Besitzer von 22 Nationalparks (plus 20 Provinzparks)! Der wohl bekannteste Park ist der Seoraksan Nationalpark, der zugleich als einer der schönsten, wenn nicht sogar als DER schönste Nationalpark im ganzen Land gilt. Während meines Aufenthaltes in Südkorea besuchte ich ihn zwei Mal, wobei mein erster Besuch völlig anders verlief, als ursprünglich geplant (siehe Erfahrungsbericht). Und da ich nun weiß, wie mühselig es ist, alle relevanten Informationen zusammenzutragen, habe ich euch alles, was ihr bezüglich des Wanderns im Seoraksan National Park wissen müsst, in diesem Beitrag zusammengestellt.

Seoraksan National Park

Der Seoraksan National Park ist Teil des nördlichen Taebaek Gebirges, erstreckt sich über fast 400 km² und ist Heimat unzähliger Pflanzenarten, wie der mongolische Eiche, der Kinghan-Tanne und dem koreanischer Ahorn. Besonders im Herbst, wenn die Blätter in intensiven Farben leuchten, sind Wanderungen sehr beliebt und der Park dementsprechend voll. Er wurde 1982 aufgrund seiner seltenen Tierarten zum UNESCO Biosphärenreservat ernannt. Hier wohnen Tiere wie der Asiatische Schwarzbär, den man aber eher selten über den Weg läuft, der Moschushirsch, der Langschwarzgoral, das Flughörnchen und unzählige süße Streifenhörnchen. Die Landschaft ist geprägt von dichtem Wald, aus dem Karstgestein ragt, das dem Park sein typisches Aussehen verleiht. Südkoreas dritthöchster Berg, der Daecheongbong Peak (1708 m), befindet sich ebenfalls hier. Und zu guter Letzt beherbergt der Park neben Wasserfällen noch einige alte buddhistische Tempel, wie den Sinheungsa, den wunderschönen Oseam oder den Baekdamsa Tempel.

Wanderwege

Der Seoraksan Nationalpark wartet mit zahlreichen Wanderwegen auf: Von kurzen Tageswanderungen bis hin zu Mehrtageswanderungen – für jedes Fitnesslevel ist etwas dabei. Ich möchte anmerken, dass wenn ein Wanderweg als schwarz, d.h. als gefährlicher Expertentrail ausgewiesen ist, dies seine Gründe hat. Die angegebenen Zeiten sind auch ziemlich akkurat – überschätzt euch nicht!

Seoraksan Nationalpark trail map

Übernachten im Seoraksan Nationalpark

Es besteht die Möglichkeit, im Seoraksan Nationalpark in sehr einfachen Unterkünften zu übernachten. Diese Shelter können und müssen vorab auf der Webseite der Nationalparks gebucht werden, die Bezahlung erfolgt vor Ort. Die Übernachtungsplätze werden in einem 2-Wochen-Rhythmus, jeweils zum 1. und 15. eines jeden Monats, freigegeben und sind schnell ausgebucht. Mehr Infos zur Reservierung findet ihr hier. Im Seoraksan Nationalpark gibt es fünf Unterkünfte:

Zur Zeit meiner Wanderung waren nur zwei der Shelter (Jungcheong und Yangpok) geöffnet, die anderen wurden renoviert und waren von daher nicht buchbar.

Allgemeine Informationen

Anreise

Sokcho: Die einfachste Möglichkeit den Park zu erreichen, ist eine ca. 2 bis 2,5-stündige Busfahrt von Seoul. Startpunkt ist die Express Bus Station (Gyeongbu, nicht Dongseoul Terminal!), Ziel ist Sokcho. Die Busse fahren etwa alles 30 Minuten, Zeiten und Auslastung könnt ihr hier checken. Das Buchen ist jedoch nur mit koreanischer Kreditkarte und Telefonnummer möglich. Das Ticket kann aber problemlos am selben Tag am Busbahnhof erworben werden, nur an Wochenenden oder Feiertagen lohnt es sich, das Ticket vorab zu kaufen. Im schlimmsten Fall wartet ihr ein bisschen. Gewählt werden kann zwischen Premium und Excellent Bussen, wobei der Excellent Bus schon wahnsinnig geräumig und bequem ist. Premium bietet noch mehr Platz und dazu ein Unterhaltungsprogramm. An der Express Bus Station in Sokcho steigt ihr dann in den local bus (7 oder 7-1), der euch in 30 Minuten direkt an den Eingang des Parks befördert.

Osaek: Ein weiterer beliebter Ausgangspunkt ist das Örtchen Osaek, in dem auch die Carbonated Hot Springs zu finden sind. Ohne eigenen fahrbaren Untersatz muss man erst nach Sokcho fahren und dann nochmal 30 Minuten mit einen local bus fahren. 

Baekdamsa: Dieses Örtchen ist ohne eigenes Auto etwas schwerer zu erreichen. Es gibt Umsteigeverbindungen mit dem Bus ab Seoul. Auch bei Anreise aus Sokcho muss mehrmals umgestiegen werden. Von dem Baekdam Village transportiert ein Shuttlebus die Wanderer zum Parkeingang am Baekdamsa Temple.

Übernachtung in Sokcho

Sokcho: Die Küstenstadt in der Provinz Gangwon, gelegen am Ost- bzw. Japanischen Meer., war bis vor dem Koreakrieg (1950- 1953) noch Teil Nordkoreas. Für südkoreanische Verhältnisse ist Sokcho mit seinen ca. 80 000 Einwohnern eine eher kleine Stadt. Ich persönlich habe mich in dieser Fischerstadt am Meer, mit seinen zwei Seen, entspannter Atmosphäre, Streetfoodmarket und Pagoden sehr wohl gefühlt. Bekannt ist Sokcho übrigens für seine Riesenkrabben. Von Sokcho aus sind es dann – je nachdem wo sich eure Unterkunft befindet – zwischen 30 und 60 Minuten mit dem local bus zum Parkeingang in Seorakdong.

Ich habe insgesamt in drei verschiedenen Unterkünften genächtigt, die ich allesamt empfehlen kann.

  • Sokcho Hutte: meine Lieblingsunterkunft. Ein kleines gemütliches Hostel, in dem ich mir ein Doppelzimmer zur Einzelnutzung gebucht habe, das für koreanische Verhältnisse sehr groß, wahnsinnig sauber und komfortabel war. Wenn man Gesellschaft will, kann man den gemütlichen Gemeinschaftsraum nutzen. Der Gastgeber ist wahnsinnig nett, Check-in unkompliziert. Die Lage neben dem Busbahnhof ist perfekt. Achtung: Es handelt sich um die Intercity Bus Station, nicht die Express Bus Station! Der local bus fährt direkt zum Seorkasan Nationalpark, dauert nur ca. 30 Minuten länger. Das Frühstück konnte ich leider nicht probieren, da ich zu der Uhrzeit schon immer unterwegs war. Besonders gefallen haben mir die großen Fenster mit der super Aussicht – eher selten in Südkorea!
  • James Blue Hostel: Auch dieses Hostel bietet sehr geräumige und gut ausgestattete Einzelzimmer, einfaches Frühstück inklusive. Die Besitzer sind sehr nett und hilfsbereit. Es befindet sich direkt am Hafen, in der Nähe der Intercity Bus Station.
  • Blue Door Hostel Guesthouse: Dieses Hostel liegt fast direkt am Meer, dem schönen Sokcho Beach und verfügt über eine wunderschöne Dachterasse, saubere Zimmer mit Balkon. Leider etwas abseits der Busrouten, man muss ca. 20 Minuten laufen – ansonsten: sehr zu empfehlen!

Erfahrungsbericht: von Seorakdong nach Baekdam

Die Tempelroute.

Länge: 19,2 km
Höhenmeter Aufstieg: 1220 m
Höhenmeter Abstieg: 950 m
Dauer: 7:00 h
GPX

Vor Aufregung bin ich schon um fünf Uhr morgens wach. Heute ist der große Wandertag, auf den in mich seit Beginn meiner Reiseplanung am meisten freue: Zwei Tage im viel gerühmten Seoraksan National Park, über die Dinosaur Ridge zum Jungcheong Shelter (das ich unter einigem Aufwand, inklusive drei Uhr nachts aufstehen, um die Freigabe der Shelter nicht zu verpassen, vorab reserviert habe), morgen auf den Daecheongbong Peak auf-, danach nach Osaek absteigen und zur Belohnung die Carbonated Hot Springs genießen. Soweit der perfekte Plan.

Die Wettervorhersage für Sokcho verspricht kaum Regen, nur ein paar Wölkchen mit etwas Sonne, perfektes Wanderwetter. Ein Blick aus dem Fenster konfrontiert mich mit der Realität: Es regnet nicht nur ein bisschen, sondern es regnet in Strömen! Ich beschließe, trotzdem erstmal hinzufahren und die Lage vor Ort zu beurteilen. Kleiner Tipp: Der Convenience Store G25 direkt gegenüber des Intercity Bus Terminals verstaut euer Gepäck sicher gegen eine Gebühr von 10 000 Won/Tag.

Im Bus zum Nationalpark (Linie 7 oder 7-1) sind ein deutsches Pärchen, das ich gestern schon bei der Anreise im Bus aus Seoul getroffen habe, und ich die einzigen Fahrgäste. Kein Wunder, denn als wir am Park ankommen, regnet es sogar noch stärker! Der Wärter am Eingang guckt verdutzt und winkt mich durch. Bei diesem Wetter muss wohl kein Eintritt bezahlt werden, im Park herrscht gähnende Leere. Die Parkinformation, bei der ich mich erkundigen wollte, ob es denn empfehlenswert bzw. sicher sei, bei diesem Wetterbedingungen zu wandern (blöde Frage, aber ich bin noch nicht bereit aufzugeben), öffnet erst um 9 Uhr und ich möchte keine Stunde warten – und wer weiß, ob die Mitarbeitenden bei dem Wetter überhaupt auftauchen. Also fälle ich die Entscheidung, es einfach zu probieren. Umkehren kann ich immer. Berühmte letzte Worte.

Vorbei an der berühmten Bärenstatue und dem Sinheungsa Tempel mit der riesigen bronzenen Buddhastatue, laufe ich Richtung Bisondae Rock. Trotz des Regens ist der Park wunderschön! Grüne, wolkenverhangene Berge, links von mir ein rauschender, reißender Fluss. Der Weg ist gut ausgebaut, nur an einer Stelle komplett überflutet, sodass ich einen kleinen Umweg durchs Gestrüpp nehmen muss. An der Kreuzung des Bisondae Rocks nehme ich die falsche Abzweigung und laufe ein kurzes Stück auf der Brücke – mit sehr tollen Ausblicken – Richtung Yangpok Shelter. Zum Glück bemerke ich meinen Fehler schnell, drehe um, und nehme die rechte, um einiges steilere Abzweigung.

Ein einsamer Wanderer wartet auf mich und spricht mich an. Er stellt sich als Mönch vor, der in der Geumganggul, einer Steinhöhle, lebt. Er versucht mich von meinem Vorhaben abzubringen und zu überreden, die leichte Strecke zu wählen, doch stur wie ich bin schlage ich alles seine Einwände in den Wind. Wir unterhalten uns noch etwas, dann geht jeder seiner Wege – eine schöne Begegnung! Ich nehme mir vor, ihn bei meinem nächsten Parkbesuch zu besuchen.

Der Aufstieg, anfangs noch auf aus Stein gehauenen Treppen, dann ungeordneten Felsbrocken, ist ganz schön steil. Ganz ungefährlich ist dieser Weg bei der Nässe nicht. Es regnet mal mehr, mal weniger, was meine Hoffnung auf den erfolgreichen Abschluss dieser Wanderung weiter nährt. Kalt ist mir nicht mehr, die bizarren Felsformationen im Nebel bilden die Kulisse für meine Anstrengungen, ich schwitze ganz schön. Ein Blick auf die Uhr zeigt, dass ich mich etwas sputen muss – und schon rutsche ich aus. Ergebnis ist eine erste kleine Verletzung – Spoiler: zwei weitere werden im Verlauf der Wanderung hinzukommen. Der steinige Untergrund ist durch den konstanten Regen an manchen Stellen unvorhersehbar glitschig. Trotzdem versuche ich, einen Zahn zuzulegen.

An der Madeungryeong Samgyeon Kreuzung überlege ich erneut hin und her: Dinosaur Ridge, ca. 5 km langer Experten-Trail, ja oder nein? Angesetzt sind dafür 4,5 Stunden und im Anschluss sind es nochmal zwei Stunden (zum Teil schwarzer Trail) bis zu dem Jungcheongbong Shelter… Schaffe ich das in der Zeit und vor Einbruch der Dunkelheit? Bevor ich noch mehr Zeit mit meinen Überlegungen verliere, gehe ich los – ich mache es!

Zu Beginn ist der Weg noch gut machbar, doch dann verwandeln sich die Steine in glitschige Gesteinsbrocken. Als es schließlich über glatte Felsplatten, links gähnender Abgrund, geht, fängt mein Herz an etwas schneller zu schlagen. Wäre es nicht so rutschig und ich nicht komplett alleine im Park, wäre das alles halb so schlimm. Im weiteren Verlauf des Weges muss ich steile Felsbrocken überwinden, wofür voller Einsatz aller Gliedmaßen erforderlich ist, d.h. richtiges Klettern. Manchmal sind Seile oder ein Geländer zur Unterstützung angebracht. Ich schlage mir die Knie auf, ramme mir einen Stock in den Oberschenkel und stoße mit dem Kopf an einem Baumstamm. Die Zweifel an meiner Entscheidung werden stärker. Ich habe etwa ein Drittel der Ridge hinter mir, als ich an ein rutschiges Geländer komme, das über noch rutschigere Steine ziemlich steil nach unten geht. Ne. Nein. Nö. Ich drehe um!

(zu meinem erfolgreichen Wanderung über die Dinosaur Ridge geht es hier)

Auf dem Rückweg zur Kreuzung bin ich erstaunt, wie weit ich schon gegangen bin. Aber zu diesem Zeitpunkt will ich nur noch raus aus dem Park, und das bitte vor Einbruch der Dunkelheit. Also nehme ich den leichten Trail nach Baekdamsa – nicht, dass ich viel Auswahl gehabt hätte, denn für den leichteren Trail zu meinem ursprünglichen Ziel, dem Jungcheongbong Shelter, wäre es schon zu spät.

Der Baekdamsa Trail entpuppt sich als unerwartet schön! Mir war zuvor gar nicht bewusst, wieviele Tempel es im Seoraksan Nationalpark gibt. Zwar geht es auch hier auf rutschigen Steinen abwärts, aber die Verletzungsgefahr ist deutlich geringer als auf der Dinosaur Ridge. Der erste Tempel, an dem ich vorbeikomme, ist der wunderschöne, fast unwirklich anmutende Oseam Temple. Er liegt malerisch im Grünen, eingerahmt von den Bergen. Aus den Lautsprechern tönt Musik und ich fühle mich wieder sicher. Auch der Regen lässt nach. Ein perfekter Ort, um eine Pause zu machen, durchzuatmen und die umwerfend schöne Umgebung zu geniessen.

Nach ungefähr zwei weiteren Kilometern erreiche ich den nächsten Tempel: den Yeongsiam Tempel. Die Musik mit Sprechgesang, abgespielt von Tonband, die Einsamkeit, die regenschwangeren Wolken, die Bergkulisse – all das vermittelt ein Gefühl von Ruhe und dass alles in Ordnung ist.

Der nächste Teil der Strecke verläuft entspannt auf vorwiegend Waldwegen bis zum Baekdam Visitor Center, bzw. dem Baekdamsa Tempel. Mittlerweile ist es schon 17 Uhr, bis zum Parkausgang sind es aber nochmal 1,5 Stunden. Aber: Hier sind Menschen und mithilfe einer Übersetzungsapp erfahre ich, dass es einen Bus ins Village gibt. Mir fällt ein Riesenstein vom Herzen. Es bleibt sogar noch etwas Zeit, um die Baekdamsa Tempelanlage auf der gegenüberliegenden Seite der Brücke zu besuchen. Auffällig sind die unzähligen Steinmännchen davor.

Schließlich fahre ich mit dem Bus ins Village. Die Bushaltestelle nach Sokcho soll nochmal ca. zehn Minuten entfernt sein (für Osaek ist es schon zu spät), jedoch erweist sich die Suche nach der Bushaltestelle als schwierig. Ich erhalte unterschiedliche (koreanische und vielleicht von mir falsch interpretierte) Informationen, auch die Naver App zeigt mir keine Verbindung oder Haltestelle an. Die letzte Person, die ich um Hilfe bitte, muss zufällig auch nach Sokcho und nimmt mich kurzerhand mit. Was für ein Glück! Unendlich dankbar, stinkend, müde und erleichtert, überlebt zu haben, sinke ich in den Rücksitz – eine Kommunikation ist aufgrund der Sprachbarriere leider nicht möglich. Auf Booking.com buche ich mir noch schnell eine Unterkunft, in der ich komplett fertig ins Bett falle und sofort einschlafe.

Erfahrungsbericht: Dinosaur Ridge und Daecheongbong Peak

Schwarzer Trail von Seorakdong nach Osaek

Länge: 19,1 km
Höhenmeter Aufstieg: 1980 m
Höhenmeter Abstieg: 1710 m
Dauer: 8:00 h (eigentlich 10)
GPX

Dies ist mein zweiter Anlauf diese Wanderung durchzuführen. Bei meinem ersten Versuch waren die Regenfälle so stark, dass ich abbrechen musste und alternativ den nicht minder schönen Tempeltrail wanderte (siehe hier). Der Plan für heute lautet wie folgt: von Seorakdong zum Jungcheong Shelter mit Übernachtung, morgen Aufstieg auf den Daecheongbong Peak, dann Abstieg nach Osaek.

Ich stehe 4:30 Uhr morgens auf, ebenso die unglaublich hilfsbereite Besitzerin des Blue Door Guesthouses, um mir für 5:30 Uhr ein Taxi zu rufen, dass mich zum Eingang des Seroaksan Nationalparks fahren soll. Mit dem öffentlichen Bus wäre ich frühestens um sieben Uhr am Park. Da laut meiner Berechnungen für die heutige Etappe etwa 10 Stunden benötigt werden, möchte ich lieber etwas früher starten, um nicht von der Dunkelheit überrascht zu werden. Die Taxifahrt zum Park dauert 30 Minuten. Als wir ankommen, ist der Parkplatz des Parks schon ziemlich voll. Es ist Chuseok, koreanisches Thanksgiving, ganz Korea hat frei – und die Koreaner lieben es zu wandern!

Und so starte ich im Dunkeln meine Wanderung. Auch diesmal muss ich keinen Eintritt bezahlen. Das Fenster, hinter dem normalerweise der Wärter sitzt, ist geschlossen, nur dass Bild eines roten Herzchens ist zu sehen. Ich denke, das liegt am Chuseok. Auf den kleinen geteerten Straßen, vorbei an Restaurants und einigen Geschäften sowie dem übergroßen Buddha des Sinheungsa Tempels vor der aufgehenden Sonne, laufe ich mich warm. Wie ich es im Templestay gelernt habe, verbeuge ich mich drei Mal, bevor ich weitergehe. Schon bald teilt sich der Weg und ein Großteil der Wandernden entscheidet sich für den Ulsanbawi Rock, dem wohl bekanntesten Felsen, der auch mit der Seilbahn erreicht werden kann. Ich wende mich nach links und folge dem Trail Richtung Biseondae. War bei meinem ersten Besuch der Weg komplett überschwemmt, ist er diesmal frei und trocken und der Fluss fließt langsam mit seinem glasklaren Wasser zu meiner Linken. Die Sonne geht auf und endlich werde ich Zeugin der hochgelobten Schönheit des Parks in seiner voller Pracht, die mir letztes Mal durch Regen und Nebel verwehrt war.

Am Bisondae Rock kann zwischen einem etwas einfacheren Weg mit sehr schönen Ausblicken oder dem schwierigeren Pfad gewählt werden. Meine Wahl fällt auf letzteren, eine Entscheidung, die sogleich mit einem strammen, steilen Aufstieg bestraft wird. Mit mir befinden sich noch zwei, drei koreanische Gruppen auf dem Trail. Der Weg nach oben ist wirklich schweißtreibend, doch schon bald wird man mit ersten grandiosen Ausblicken belohnt. Ich bin verwundert, wie unterschiedlich die Szenerie bei Sonnenschein wirkt. Oben verläuft der Weg auf Saumpfaden oder über Felsen auf und ab (eher auf als ab). Auch wenn ganz Korea frei hat, ist der Weg nicht überlaufen, die meisten Wanderer tummeln sich auf den einfacheren Wanderstrecken.

Bei der Abzweigung zur Dinosaur Ridge, einem Expertentrail von fünf Kilometern Länge, für den aber vier Stunden angesetzt sind, mache ich eine Pause. Ihren Namen verdankt die Dinosaur Ridge ihrem Aussehen aus der Ferne: Die Felsenkämme auf dem Bergrücken ähneln angeblich dem Rücken eines Dinosauriers. Wieder bin ich erstaunt über den Unterschied, den das Wetter macht. Keine Spur mehr von der Rutschpartie, den Todesängsten, die ich bei meinem ersten Besuch ausstehen musste.

Nichtsdestotrotz ist diese Strecke mit viel Kletterei verbunden, es werden einige seil- oder geländergesicherte Stellen passiert, der Einsatz von Händen ist erforderlich. Ich würde diesen Trail nur erfahrenen Wanderern empfehlen, allen anderen bietet der Park genügend Alternativen. Bei einer besonders schwierigen Stelle nimmt mich ein Koreaner unter seine Fittiche – ehrlich gesagt, ohne ihn wäre ich nicht weitergekommen. Sich um eine Felsnase herumzuwinden, an einem Baum geklammert wie ein Koala mit einem Seil herabzulassen, daneben der Abgrund… Und das mit einem 10 Kilo schweren Rucksack. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass wir wohl etwas vom Weg abgekommen sind, scheinbar waren wir aber nicht die Einzigen. Abgesehen davon, ist der Trail gut machbar, erfordert aber Konzentration, birgt er doch einiges an Verletzungsgefahr. Auf der anderen Seite wiederum bietet er viel Abwechslung, sportliche Herausforderung und wunderschöne Ausblicke. Gerade jetzt, zu Beginn des Herbstes, leuchten die Blätter einiger Bäume schon in grellem Rot, was bezaubernd anzusehen ist. Vor einem Felsen machen alle Wanderer Fotos und mir wird erklärt, der Felsen sehe so aus wie King Kong. Ich kann die Ähnlichkeit nicht erkennen, könnt ihr? 🙂

Schließlich ist die Dinosaur Ridge geschafft. Am Huiungak Shelter lege ich eine Pause ein, esse ein paar Riegel und beobachte die süßen Streifenhörnchen, die hier, so nahe am Shelter, kaum Berührungsängste haben.

Ab hier verläuft der Weg einfach nur noch steil bergauf, zum Teil über Treppen, die über einige schwierige Stellen gebaut wurden. Schließlich komme ich am Jungcheong Shelter an, in dem ich eine Reservierung für die Nacht habe. Es ist erst 14:30 Uhr, ich war viel schneller als geplant. Hinter dem Shelter erhebt sich der Daecheongbong Peak, mit seinen 1708 Metern Höhe dritthöchster Berg Südkoreas. Das Wetter könnte besser nicht sein, die Sonne lacht vom Himmel. Ich bin eingelaufen und der Tag noch jung. Der Mitarbeiter des Shelters bestätigt mir, dass es machbar sei, heute bis nach Osaek abzusteigen – eventuell käme ich im Dunkeln an, doch ich habe eine Stirnlampe dabei. Also wandere ich weiter!

Daecheongbong Peak (1708 m)

Der Peak kann von drei verschiedenen Ausgangspunkten bestiegen werden (siehe Karte). Beliebt ist auch die Route von Osaek. Der Aufstieg ist nicht sonderlich schwer und wird durch Treppen unterstützt. Oben angekommen, hat man freie Sicht in alle vier Himmelsrichtungen. An dem berühmten Gipfelstein hat sich eine Schlage gebildet, um ein Foto zu machen, bei der ich mich aber nicht anstellen möchte. Stattdessen mache ich mich an den Abstieg.

Eine Weilchen laufe ich mit einem Koreaner und dessen Tochter, die überraschend gutes Englisch spricht. Überhaupt kommt man hier sehr schnell ins Gespräch und ich bekomme dauernd koreanische Süßigkeiten geschenkt.

Der Weg hinab erfolgt hauptsächlich über Steine und Treppen, einfach, aber in malerischer Umgebung. Ich bin heilfroh meine Stöcke dabei zu haben, ansonsten wäre das ganz schön anstrengend für die Knie. Es wird immer grüner und ich treffe auf viele Streifenhörnchen. Noch ein kleines Stück auf einem Trampelpfad und schon bin ich in Osaek – tatsächlich noch bei Tageslicht – angekommen. Meinen ursprünglichen Plan in Osaek zu übernachten und die Carbonated Hot Springs zu besuchen, muss ich leider aufgeben, da aufgrund des Chuseoks die wenigen Unterkünfte im Ort komplett ausgebucht sind. Da auch keine Busse mehr fahren, nehme ich mir ein Taxi zurück nach Sokcho, wo ich online noch ein Zimmer finde und glücklich einschlafe.

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